Wie entstehen Ideen, die bleiben – und was hat Game Thinking damit zu tun? Für ihre Vertiefungsarbeit am Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen hat Leandra Wick mit Heidrun Föhn, Geschäftsführerin der Rotmont GmbH in St. Gallen, gesprochen. Im Gespräch geht es um die Entstehung von Rotmont, konkrete Methoden der Ideenfindung, den Einsatz von Game Thinking in Branding- und Transformationsprojekten sowie um die Frage, welche Rolle Digitalisierung und KI heute in der Kreativarbeit spielen.
Heidrun Föhn, können Sie mir erzählen, was Rotmont genau macht und wofür Ihr Unternehmen steht?
Rotmont ist eine Brandingagentur, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Marke und ihren öffentlichen Auftritt zu stärken. Besonders wichtig ist dabei das Gespür für die Menschen hinter der Marke – dieses Verständnis fliesst konsequent in Strategie und Gestaltung ein. Spielerische Methoden helfen, Marken so zu entwickeln, dass sie im Gedächtnis bleiben. Neugier gilt als zentrale Haltung im gesamten Prozess: Nur wenn alle Beteiligten offen für Neues sind, entsteht der Mut, innovative Wege zu gehen.
Wie ist Rotmont entstanden, was war die ursprüngliche Idee hinter der Gründung?
Die Rotmont GmbH entstand 2012 als Rechtsnachfolgerin der 2002 in Liechtenstein gegründeten Wölger Werbeagentur Est. – mit Fokus auf strategisches Design. In unserer Arbeit bezogen wir früh das PERMA-Modell ein, das aus fünf Säulen besteht: positive Emotionen, Engagement, positive Beziehungen, Sinnhaftigkeit und Zielerreichung. Auf diesem Modell basiert unser Mindset.
Wie entstehen bei Ihnen Ideen, gibt es einen bestimmten Prozess oder eher spontane Kreativität?
Ideen entstehen bei uns sowohl intuitiv im Alltag als auch in bewusst gestalteten Kreativprozessen. Dafür nutzen wir unterschiedliche Kreativmethoden – darunter Workshops, Brainstormings und gemeinsame Kreativ-Sessions – und orientieren uns dabei gezielt an Prinzipien der positiven Psychologie und strukturiertem Game Thinking. Spielerische Ansätze halten den Prozess leicht und offen, sodass Kreativität sowohl situativ genutzt als auch gezielt gefördert wird.
Was verstehen Sie unter «Game Thinking» und wie hilft das bei der Entwicklung neuer Konzepte?
Beim Game Thinking wird die Arbeit als eine Art Spielfläche verstanden. Dazu gehören klare Ziele, motivierende Elemente, Experimente, Regeln und Feedbackschleifen – ähnlich wie beim Leveldesign von Games. Durch diesen Ansatz entsteht eine spielerische Atmosphäre, die es erleichtert, neue Konzepte zu entwickeln. Icebreaker und Workshopmethoden unterstützen zusätzlich dabei, Teams zu aktivieren und kreative Prozesse zu fördern.
Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem aus einer ersten Idee ein erfolgreiches Konzept entstanden ist?
Ein Beispiel ist ein Management-Spiel, das ursprünglich im Rahmen eines Workshops entwickelt wurde. Es startete als analoges Kartenspiel und wurde in mehreren Durchläufen getestet, angepasst und gemeinsam mit den beteiligten Teams weiterentwickelt. Heute dient es als flexibles Werkzeug, das in verschiedensten Situationen genutzt werden kann und Teams spielerisch unterstützt.
Welche Herausforderungen treten häufig bei der Ideenfindung oder Umsetzung auf?
Zu den typischen Herausforderungen gehören Zeitdruck, unterschiedliche Meinungen und die Angst vor Fehlern. Oft entsteht auch ein Tunnelblick, der kreative Prozesse blockieren kann. Deshalb ist es uns wichtig, eine offene Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle trauen, ihre Gedanken zu äussern. Ebenso wesentlich ist, dass die Beteiligten den Sinn hinter ihrer Arbeit erkennen und eine positive Stimmung im Team herrscht.
Wie hat sich die Ideenentwicklung in den letzten Jahren verändert, durch KI oder durch die Digitalisierung?
Die Digitalisierung hat die Arbeitsweise stark verändert. Digitale Workshops und schnelles Prototyping sind heute selbstverständlich, Tools wie Miro beschleunigen kreative Prozesse zusätzlich. Teams arbeiten zunehmend verteilt, was Prozesse dynamischer macht, aber auch neue Anforderungen an die Gestaltung der digitalen Zusammenarbeit stellt, damit Motivation und Verbindung nicht verloren gehen.
Welche Fähigkeiten sind besonders wichtig, um innovative Ideen umzusetzen?
Wesentlich sind die Bereitschaft, ständig dazuzulernen, digitale Kompetenzen und Teamfähigkeit. Offenheit, Mut und ein guter Umgang mit Unsicherheiten spielen eine grosse Rolle. Gleichzeitig braucht es ein feines Gespür für Menschen und den Markt. In der praktischen Umsetzung sind breite, interdisziplinäre Fähigkeiten in Bereichen wie Marketing, Strategie, Design, Text und Coding gefragt.
Welche Trends oder Entwicklungen sehen Sie für die Zukunft der Kreativarbeit?
Für die Zukunft erwarten wir eine noch stärkere hybride und flexible Zusammenarbeit in Teams. Gamification und spielerische Methoden werden weiter an Bedeutung gewinnen. Zudem wächst der gesellschaftliche Wert von Marken: Menschlichkeit und Technologie müssen stärker zusammengedacht werden. Entscheidend wird sein, dass Menschen lernfähig bleiben, um sich an diese Veränderungen anzupassen.
Leandra Wick ist angehende Zeichnerin Fachrichtung Architektur EFZ und absolviert ihre Ausbildung bei der Trunz Wirth AG in Henau. Im Rahmen ihrer Vertiefungsarbeit am Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen beschäftigt sie sich mit Ideenentwicklung und der Zukunft der Kreativarbeit.
